
Mental Load – was kann ich tun?
Im Familienalltag fallen jede Menge unterschiedliche Aufgaben an. Neben offensichtlichen Aufgaben wie der Kinderbetreuung müssen im Alltagsleben jedoch auch viele unsichtbare, organisatorische Aufgaben mitgedacht werden – auch beim Essen und Kochen.

Ist genug im Kühlschrank? Was soll es zu essen geben? Sind die Pausenbrote geschmiert? Was kann Familien dabei helfen, diese sichtbaren und nicht sichtbaren Arbeiten rund um das Thema Essen ausgewogener zu verteilen und so die Belastung zu reduzieren?
Lesen Sie im Folgenden, was es mit dem Konzept Mental Load (deutsch: mentale oder psychische Belastung) auf sich hat und wo Sie ansetzen können, um diesen zu verringern und die Belastung auf mehreren Schultern zu verteilen.
Was ist Mental Load?
Mental Load bezeichnet die Gedankenlast bzw. die psychische Belastung, die rund um die Organisation und Umsetzung alltäglicher Aufgaben innerhalb einer Familie entstehen. Häufig wird diese Gedankenlast überwiegend von einer Person – oft von einer Frau – getragen. Das passiert insbesondere dann, wenn neben den praktischen Tätigkeiten, wie zum Beispiel der Zubereitung von Mahlzeiten, auch Sorge für alle mit dieser Aufgabe verbundenen, nicht sichtbaren Organisations- und Managementaufgaben bei einer Person liegt. Eine andauernde, zu hohe psychische Belastung kann zu einem sogenannten Overload, einer Überbeanspruchung, führen, die sich in Erschöpfungs- und Überlastungssymptomen äußert.
Geprägt wurde der Begriff Mental Load insbesondere durch die Diplompsychologin Patricia Cammarata, die sich der Thematik in Büchern und Blog-Artikeln widmet.
Das kann Ihnen helfen
Grundsätzlich ist jede Familie anders und hat ganz unterschiedliche Bedürfnisse, nicht nur was das Essen, den Alltag und das ganze Drumherum angeht . Daher gilt es – gemeinsam – eine für die eigene Situation passende, individuelle Lösung zu entwickeln. Dabei kann helfen:
1. Der eigene Anspruch – Druck rausnehmen
Sei es der perfekte Geburtstagskuchen oder ein Essen, das allen ganz besonders schmecken soll: Erwartungen werden nicht nur von außen an Eltern herangetragen – sie haben auch oft selbst eine sehr hohe Erwartungshaltung an sich. Dieser Perfektionismus verursacht Stress. Es hilft, sich immer wieder klarzumachen, dass es nicht perfekt sein muss. Unterschiedliche Essensvorlieben lassen sich vereinen, indem verschiedene Komponenten zur Auswahl stehen und sich jede:r nehmen kann, worauf er oder sie Lust hat. Die Arbeit muss auch nicht immer an einer einzelnen Person hängen. Vielleicht haben Großeltern, Freund:innen oder Pat:innen Lust, mit dem Geburtstagskind gemeinsam einen Kuchen zu backen oder kleine Snacks vorzubereiten und können so entlasten?
2. (Digitale) Hilfen für das Familien-Management nutzen
Bei der Arbeitsaufteilung im Alltag können verschiedene Hilfsmittel unterstützen. Neben analogen Kühlschrank-Listen, Kanban-Boards und Familien-Kalendern gibt es inzwischen auch zahlreiche digitale Hilfen, die den Familienalltag erleichtern. Mithilfe von Apps für gemeinsame Einkaufslisten oder Kalender können anstehende Aufgaben und Verantwortlichkeiten direkt für alle sichtbar gemacht und leichter geteilt werden – auch unterwegs. Wer zuerst sieht, dass etwas zuhause für den nächsten Einkauf fehlt, trägt das Lebensmittel für alle online sichtbar ein.
3. Miteinander reden und Sorgearbeit sichtbar machen
Die ungleiche Verteilung der Sorgearbeit ist oft gar nicht beabsichtigt, wenn Paare Kinder bekommen. Bei der Übernahme von Verantwortung spielen auch gesellschaftliche Erwartungen und anerzogene Verhaltensmuster eine Rolle. Wichtig ist, miteinander ins Gespräch zu kommen sowie Wünsche, Bedürfnisse und Belastung offen darzulegen.
Wenn Sorgearbeit sichtbar gemacht wird und der gemeinsame Wunsch zur Veränderung da ist, ist das bereits eine gute Ausgangslage. Hierzu ist es hilfreich, einmal kleinteilig alle Aufgaben rund um Haushalt und Kinder schriftlich festzuhalten. Nehmen Sie auch sämtliche kleine Aufgaben, wie das Nachfüllen von Klarspüler in die Spülmaschine oder das Vereinbaren von Arztterminen, in die Bestandsliste auf. Halten Sie dann fest, wie oft die verschiedenen Aufgaben anfallen, wer die Denkarbeit bzw. Planung für sie übernimmt und wer sie umsetzt. Sie können auch den zeitlichen Umfang der Aufgaben heranziehen, um zu berechnen, wer wie viel Zeit mit der Erledigung der Aufgaben verbringt und die Werte miteinander vergleichen. Das hilft dabei, gemeinsam den Umfang der Gedankenlast zu erfassen und Stellschrauben für Veränderung auszumachen.
4. Verantwortlichkeiten aufteilen
Liegen alle Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf dem Tisch, können sie gemeinsam aufgeteilt werden. Wichtig ist, dass nicht nur die reine Umsetzung einer Aufgabe verteilt wird, sondern der komplette Prozess rund um die Umsetzung mitbedacht wird – also auch alle nicht sichtbaren organisatorischen und vorbereitenden Denkarbeiten. Das klingt zunächst banal, macht jedoch den entscheidenden Unterschied: Denn wenn lediglich die sichtbare Aufgabe übernommen wird, bleibt die eigentliche Gedankenlast und damit die Verantwortung weiterhin bei der Person, die entlastet werden soll. An einem Beispiel bedeutet das ganz konkret: Es wird nicht nur die Aufgabe verteilt, einen Geburtstagskuchen zu backen, sondern auch die mit dieser Aufgabe verbundene Planung und Vorbereitung. Dazu kann zählen, dass ein Rezept herausgesucht, Unverträglichkeiten von eingeladenen Geburtstagsgästen abgeklärt, das Vorhandensein aller Zutaten überprüft und fehlende Zutaten eingekauft werden.
5. Gemeinsam neue Routinen und Rituale entwickeln
Eingefahrene Abläufe zu hinterfragen und neue Routinen zu etablieren, kann dabei helfen, die Sorgearbeit nicht nur punktuell, sondern auf Dauer besser zu verteilen. Darüber hinaus strukturieren Routinen den Alltag und schaffen so Entlastung. So kann zum Beispiel eine Person für das Frühstück und die Schulbrote zuständig sein, oder ein wöchentlicher Wechsel von Zuständigkeiten vereinbart werden. Manches muss auch nicht per se eine Person allein verantworten: Das gemeinsame Tischdecken vor dem Essen ist ein schönes Ritual, das auch die Kleinsten früh einbindet. Führen Sie in Ihrer Familie Regeln ein, die zu ihren individuellen Bedürfnissen passen. Eine Regel kann sein „Wer kocht, muss nicht abspülen!“
6. Im Gespräch bleiben und regelmäßig gemeinsam nachjustieren
Kommunikation ist für gelingende Teamarbeit essenziell, denn nicht immer klappt alles auf Anhieb. Nehmen Sie sich als Familie immer wieder Zeit, Pläne zu überprüfen und nachzubessern, oder um Aufgaben aufzuteilen. So kann zum Beispiel eine gemeinsame Wochenplanung von Einkäufen und Mahlzeiten am Wochenende den Familienalltag entlasten.
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sich im Alltag zu entlasten oder Arbeit ausgewogener zu verteilen?
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