Mein Kind will immer Süßigkeiten

Am liebsten mag Ihr Kind schon zum Frühstück Marmeladenbrot, am Eis führt nachmittags kaum ein Weg vorbei und danach gehen die Fragen nach Süßem weiter? Viele Eltern kennen das und sind von den Auseinandersetzungen um Schoki, Gummibär und Co. gestresst. Hier erklärt Ernährungs- und Familienexpertin Edith Gätjen, warum Kinder Süßes lieben und wie Sie damit umgehen können.

Auf einen Blick

  • Kinder sind auf Süßes programmiert: es ist sicher, vertraut und gibt ihnen Energie.
  • Kinder können eine kleine Kinderhand voll, max. 10% des Energiebedarfs, an Süßigkeiten essen. Getränke, Milchprodukte und Müslis sollten dann ungesüßt sein.
  • Treffen Sie gemeinsam Vereinbarungen, was, wann und wie Süßes gegessen wird. 
  • Setzen Sie Süßigkeiten nicht als Belohnung oder Bestrafung ein. 
  • Kann Ihr Kind sich auf seine Süßigkeit verlassen, muss es nicht ständig danach fragen.
  • Schauen Sie, was hinter dem Verlangen nach Süßem stecken könnte: Hat Ihr Kind Hunger, ist ihm Langweilig oder möchte es Ihre Nähe?

Edith Gätjen ist Ökotrophologin, systemische Paar- und Familientherapeutin, Präsidentin des UGB, Buchautorin, Trainerin der Sarah Wiener Stiftung und vierfache Mutter.

Woher kommt das starke Verlangen nach Süßigkeiten?

Edith Gätjen: Das Verlangen nach Süßem ist das stärkste biologische Programm, das wir in uns tragen. Als wir noch Jäger und Sammler waren, wussten wir, dass süße Lebensmittel nährstoffreich und nicht giftig sind. Alles, was sauer und bitter war, konnte potenziell giftig sein.

Süße Lebensmittel sind häufig auch noch energiereich, wie z.B. Schokolade, das ist konzentrierte Energie. Das Bedürfnis nach Energie ist auch aus der Menschheitsgeschichte begründet, weil man nicht wusste, wann es das nächste Mal Essen gibt. Darum war es gut, Lebensmittel mit konzentrierter Energie zu finden.

Und es gibt noch einen weiteren Grund, warum Kinder Süßigkeiten so gern essen: Sie haben schon unglaublich gute Erfahrung mit „süß“ gemacht. Als Säugling haben Sie monatelang süße Milch in einer engen, liebevollen Beziehung bekommen. Dadurch sind sie gewachsen. Das heißt, Sie haben die Erfahrung gemacht, dass das Süße ihnen beim Überleben hilft. 

Dann gibt es noch einen Faktor, und zwar unsere Esskultur: Immer dann, wenn es uns so richtig gut geht, gibt es immer noch etwas Süßes obendrauf wie z.B. am Geburtstag oder anderen Festtagen. All das sagt Kindern: besser als süß geht es gar nicht.

Sollten Kinder überhaupt Süßigkeiten bekommen?

Edith Gätjen: Ja, Kinder sollten Süßigkeiten bekommen, wenn sie es möchten. Es gibt auch Kinder, die gar keine Süßigkeiten verlangen. Aber die meisten haben Süßes sehr gern. Etwa zehn Prozent der Gesamtenergie für den Tag können Kinder durch Süßigkeiten zu sich nehmen. Das entspricht etwa einer kleinen Kinderhand. Für ein zweijähriges Kind wäre das ein kleines Tütchen Gummibärchen. Entscheidend ist, dass dann die Grundnahrungsmittel wie z.B. Getränke, Müsli, Joghurt, Quark usw. ungesüßt sind.

Kind liebt Süßigkeiten und will ständig Süßigkeiten. Kind isst Marmelade zum Frühstück.

Und wichtig ist: Über diese Menge muss nicht verhandelt werden. Also egal, ob sie ihr Gemüse gegessen haben oder nicht. Ihre Süßigkeit steht Ihnen zu! Denn Kinder sollen den Umgang mit Süßem lernen. Wenn es nie angeboten bekommen, wissen sie später nicht, wie sie damit umgehen sollen.

Mein Kind fragt ständig nach Süßigkeiten. Was kann ich tun?

Edith Gätjen: Überlegen Sie, ob und welche Vereinbarungen im Bereich der Ess-Erziehung es in Ihrer Familie gibt. Es hat sich bewährt, wenn die Eltern bestimmen, wann, was und wie es etwas zu essen gibt – und die Kinder entscheiden, ob und wieviel sie davon essen. Dabei gilt für alle: ein Nein ist ein Nein. Genauso ist es auch bei Süßigkeiten. Wenn z.B. die Vereinbarung getroffen wird, dass es nur nachmittags Süßigkeiten gibt, dann gibt es sie auch nur dann. Es ist auch für alle schön, diese vereinbarte Zeit gemeinsam zu erleben und zusammen etwas Süßes zu essen.

Wenn Ihr Kind immer und immer wieder nach Süßigkeiten fragt, sollten Sie auch auf den emotionalen Hunger schauen. In Kita und Grundschule ist manchmal wenig Zeit für die Mahlzeiten. Nicht selten fehlen die Ruhe und auch das Gespräch, die manche Kinder brauchen, um wirklich satt zu werden. Ihr emotionaler Hunger wird bei den Mahlzeiten so nicht erfüllt. Ihr Bedürfnis nach Nähe versuchen sie dann später über Süßes zu befriedigen. Dann hilft es, wenn Sie Zeit mit Ihrem Kind verbringen, ein Buch lesen, vom Tag erzählen, auf den Spielplatz gehen. Also das Leben versüßen und nicht das Essen.

Kinder wollen auch manchmal etwas Süßes, weil sie einfach Hunger haben oder ihnen langweilig ist. Dann wäre die Lösung eine Scheibe Brot mit Käse oder etwas zusammen zu spielen.

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